Hilft New Work zu einem business unusual?
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Da fiel mir dies und das ein, als Ivo mich fragte, ob ich denn nicht Lust habe, einen Lichtblick etwa aus dem unternehmerischen oder privaten Kontext, von mir persönlich oder auch von meinem Team Verwegener & Trefflich zu teilen.
Immer wieder angesetzt habe ich, mal am neu zu Hause eingerichteten Schreibtisch, mal auf dem Balkon, mal im Grünen. Immer wieder ein paar Zeilen geschrieben, überlegt, was es denn ist, das ich hier teilen will. Und dann doch wieder schnell zur Seite gelegt.
„Nee, das is nix“ …
Und dann gibt es da dieses eine Thema, was mich persönlich umtreibt, was sich in den vergangenen Monaten für mich noch einmal neu zusammengefügt hat und was auch sehr viele von uns, wenn nicht alle, betrifft. Ein Thema, dem ich gern etwas mehr Licht bescheren möchte:
Wir leben in einer Zeit, in der viel über neue Arbeits- und Organisationsformen diskutiert (!) wird und viele Unternehmen New Work einführen. Das hat in den letzten Monaten noch mal eine andere Dimension, eine andere Aufmerksamkeit bekommen.
Oft aber wird als New Work etikettiert, was nach Außen eher Lipstick (schlimm) und nach innen Lippenbekenntnis (noch schlimmer) ist - und das ärgert mich! Dafür ist das Ansinnen zu wichtig, die Dringlichkeit - zumindest in meinem Bauch - echt zu groß.
Für mich bedeutet New Work die Transformation der Arbeitswelt und hat wenig zu tun mit neoliberalen Wir-müssen-agiler-werden-Stellschrauben oder mit Desk-Sharing.
New Work bedeutet für mich den so arg nötigen Wandel hin zu einer egofreien Wirtschaft. Ja, es kann Selbstorganisation, Augenhöhe und Partizipation von Mitarbeitenden bedeuten.
Oder es kann Arbeiten mit geteilten Verantwortlichkeiten bedeuten und mit Führung, die dank emotionaler Kompetenz mit sense & respond statt mit command & control aufwarten kann. Kann. Denn jedes Team, jede Organisation darf das für sich selbst herausfinden.
»Wie wir arbeiten und wirtschaften, wie unsere Organisationen gestaltet sind, hat ganz viel damit zu tun, wie unsere Welt gerade funktioniert – und eben nicht funktioniert.«
In diesem Verständnis also ist New Work, ein neues Arbeiten, ein ganz ganz wichtiger Baustein, dem noch nicht so viel Aufmerksamkeit geschenkt wird, wie es das gerade bräuchte. Business unusual ist jetzt dringend dran.
Ich glaube: Wenn wir es schaffen ganze Menschen zu sein auf Arbeit und Organisationen so zu gestalten, dass sie ganz selbstverständlich Orte für Potentialentfaltung sind, dann sind wir in der Lage auch außerhalb der Arbeit mehr Mensch zu sein und können den Blick über das eigene Umfeld, den eigenen Tellerrand hinaus werfen und haben Raum, um zu fragen Was kann ich beitragen?
Dafür braucht es business unusual. Und business unlearning irgendwie auch.
Wie wäre das wohl, wenn wir einfach verlernen könnten, was wir bisher ganz automatisch tun in Organisationen, im Kontext Arbeit? Und dann neu anfangen und ein neues ‚usual‘ schaffen?
Ok ja, das klingt utopisch, keine Frage. Also mal die Utopie beiseitegeschoben und geschaut nach dem Wo und wie anfangen?. Um vielleicht eine New Work Entwicklung anzuschieben:
Wer business unusual wagen will, radikal anders arbeiten will (ihr dürft das dann auch gern New Work nennen), aber nicht weiß wie und es gleichzeitig eilig hat: der bringe als Team oder Unternehmen einfach das Thema Geld auf den Tisch.
Was ist dein und mein Beitrag wert?
Was ist fair?
Wozu tun wir das hier?
Was brauche ich – wirklich?
New Pay, eine Bezeichnung dafür, wie wir die jeweils investierte Energie von Mitarbeitenden in einer Unternehmung bewerten und ausgleichen (ob mit Geld, Urlaub, Weiterbildung, Wertschätzung, Wirksamkeit oder anderem) scheint die Speedlane zu New Work zu sein. Das darf ich gerade mit Verwegener & Trefflich erleben, denn wir stecken mitten in der Auseinandersetzung mit dem Thema Energieausgleich. Weg von Zeit gegen Geld hin zu …?
Mir wurde dadurch deutlich: Den bewussten Umgang mit Geld und Wert in Teams und Unternehmen haben wir dick und fest eingepackt und tief vergraben.
Einmal hochgebracht, bringt es all die tiefgreifenden Fragen um Augenhöhe, Sinn, Führung und Verantwortung ganz automatisch auf den Tisch. Es führt(e zumindest bei uns) zur Krise im besten, im produktiven Sinne und bringt damit Veränderung voran.
Ich hoffe sehr, dass unser aller Krisenerleben der vergangenen Monate dazu beiträgt, dass wir Krise eben auch als produktiven Zustand wahrnehmen können und entsprechend neugierig und mit hochgekrempelten Ärmeln die großen blinden Flecken in Teams und Organisationen, wie etwa das Thema Geld, anfassen und damit nach und nach die Arbeitswelt umkrempeln – und ich freue mich sehr auf Austausch dazu!
Natalie Bekel
Natalie ist Leipzigerin, Mit-Geschäftsführerin bei Verwegener & Trefflich und begleitet Teams und Unternehmen in Veränderungsprozessen. Mit diesen wirkt sie auf eine Arbeitswelt hin, in der Sinn, Potentialentfaltung und sozialökologisch verantwortungsvolles Handeln ganz selbstverständlich sind. Sie begleitet am liebsten Teams, die ihren eigenen Pfad zu neuem Arbeiten suchen – ein Weg, der meistens zu mehr Mensch und weniger Management führt.